
Liebe Leserinnen, liebe Leser!
Danke für diesen guten Morgen,
danke für jeden neuen Tag.
Danke, dass ich all meine Sorgen
auf dich werfen mag.
Viele hatten sie in den Sechzigerjahren auf dem Schreibtisch oder auf der Kommode stehen: die kleine Klappkarte mit dem Text des »Danke-Liedes«. Ein Motiv steht in dem Mittelpunkt: Dank für das, was du mir, Gott, schenkst. Jeden Tag neu.
Martin Gotthard Schneider hatte den Text und die Musik für einen Musikwettbewerb geschrieben. Er war Pfarrer und Kirchenmusiker in Freiburg. Das Lied bekam den ersten Preis. Trotzdem – oder vielleicht deshalb war es in den ersten Jahren ziemlich umstritten. Ein Lied, das »traurige Berühmtheit und Beliebtheit« erlangte, so schrieb ein Zeitungskritiker. Aber das tat letztlich dem Erfolg keinen Abbruch. »Danke« kam als Schlager sogar in die Hitparaden und wurde als Single 150.000-mal verkauft. So ist es auch eines der bekanntesten Kirchenlieder in Deutschland geworden. Übrigens war die Veröffentlichung des Liedes der Startschuss für unendlich viele neue Lieder in der Kirche. Sie prägen seither zusammen mit den alten Liedern unsere Gottesdienste.
Die Geschichte des Liedes »Danke« zeigt für mich, warum immer wieder neue Lieder entstehen. Im Grunde liegt darin ein Grundgedanke, dem auch Martin Luther folgte: Wir wollen das, was wir von Gott verstanden haben, in Text und Musik für unser Leben und in unserem Lebensgefühl ausdrücken.
Für mich ist die Musik unbedingt der Kern evangelischer Spiritualität. Fast mehr noch als durch die Schriften hat Martin Luther seine Überzeugung des Glaubens durch die Musik verbreitet. 36 Lieder sind von Martin Luther überliefert, bei 20 hat er selbst die Melodie geschrieben. Es sind Mut machende, aber auch trostreiche Lieder, aber auch liturgische Gesänge. Und siehe da, sie haben sich sogar zum gemeinsamen ökumenischen Erbe entwickelt, auch im römisch-katholischen Gesangbuch finden wir Luthers Lieder.
Es sind Texte des Glaubens und Melodien anderer, die unserem Leben Halt geben und manchmal ein neues Licht für unsere Wege schenken. Da kann dann schon einmal ein gesungenes Lied zum Gebet werden: Wer singt, betet zweifach – so nahm Martin Luther ein altes Zitat auf.
Für die Reformation wurde das Gemeindelied geradezu zum Kennzeichen des Übertritts zum evangelischen Glauben: Die Gemeinde wurde am Gottesdienst beteiligt. Wort und Musik wurden eins und damit die Botschaft des Evangeliums eine gelebte Botschaft.
Ein lebendiger Glaube schafft sich immer wieder neue Lieder.
Ich freue mich sehr, dass an den Landeskirchenmusiktagen vor wenigen Wochen anlässlich des Festjahres zur Reformation ein neues Beiheft zum Evangelischen Gesangbuch der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW) vorgestellt worden ist. Das Beiheft »EGplus« beinhaltet Lieder, die bereits in Kirchengemeinden gern gesungen wurden, aber bisher nicht in unserem herkömmlichen Gesangbuch zu finden waren. Es sind Lieder, die auch neu komponiert und bei Musikwettbewerben vorgestellt worden sind. Es sind Texte und Melodien, die sicher auch andere Perspektiven für den eigenen Glauben bringen. In unserer Evangelischen Stadtkirchengemeinde Hanau haben wir dieses Beiheft für unsere Kirchen zum Gebrauch bestellt.
Es bietet für mich eine weitere Möglichkeit, die Gottesdienste vielfältig zu gestalten.
Denn: Ein lebendiger Glaube singt.
Ich freue mich darauf, mit Ihnen zu singen – an Erntedank, am Reformationstag, den Gedenktagen im November und zu vielen anderen festlichen Anlässen, die wir in unseren Kirchen in unterschiedlicher Weise feiern.
Ihre
Pfarrerin Heike Mause